„Nicht was in den Mund hineingeht, macht den Menschen unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein.“ Diesen Satz stellt der Jesus des Matthäusevangeliums dem pharisäischen Verständnis von Reinheit entgegen (Mt 15,1-14). Damit wird zugleich eine christliche Auslegungstradition begründet, in der „kultische Reinheit“ antijüdisch aufgeladen ist.
In unserer Reihe antisemitismuskritischer Bibelauslegungen stellen renommierte sowie junge Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten. Klischeehafte christliche Vorstellungen wirken oft bildhaft im säkularisierten Antisemitismus weiter: der alttestamentarische Gesetzesglauben; der Rachegott, der Blutopfer als Sühne verlangt und Beschneidung anordnet; der eine bestimmte Gruppe auserwählt (Kirche oder Synagoge) und dessen Verheißungen Nationalismus und Kolonialismus schüren.