Modul 2 – Einheit 5
Warum schmeckt Verschwörung?
Hintergrundwissen für Anwender*innen:
In dieser Einheit wird der Fokus ausdrücklich auf die Menschen gelegt, die an Verschwörungserzählungen glauben und antisemitische Einstellungen vertreten. Diese Einheit ist besonders wichtig, da der Blick häufig auf die „Juden“ gerichtet wird und darauf, was sie tun oder nicht tun. Es ist entscheidend zu betonen, dass Antisemitismus nicht mit den „Juden“ selbst zu tun hat, sondern dass er eine Wirkung bei denjenigen entfaltet, die ihn verbreiten. Die Projektionsmechanismen, die im Antisemitismus wirken, führen bei den Menschen mit antisemitischen Einstellungen zu positiven Effekten wie Selbstidealisierung, Entlastung sowie Schuld- und Verantwortungsabwehr. Diese Mechanismen sind in Krisenzeiten, wie während der Pandemie, besonders ausgeprägt, da sie Überforderung und Verunsicherung hervorrufen und die Verantwortung delegieren.
Diese Einheit sollte ebenfalls sensibel angeleitet werden, um den Glauben an Verschwörungen nicht ins Lächerliche zu ziehen. Das Rollenspiel kann durch ein Gespräch ersetzt werden, wenn die betreuende Person dies für die Gruppe angemessener hält.
Weiterführendes Material:
Bei der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung findet sich eine ausführliche Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen; u.a. ein Video zum Thema „Der Widerspruch antisemitischer Verschwörungstheorien“
oder einen Beitrag zur Frage „Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?“.
Ziel
Ziel dieser Einheit ist es, dass die TN sich mit der Perspektive von Menschen auseinandersetzen, die an Verschwörungserzählungen glauben und antisemitische Einstellungen haben, um deren Nutzen zu verstehen. Zudem lernen sie den zentralen Funktionsmechanismus des Antisemitismus kennen, insbesondere die Konzepte der Projektion und Selbstidealisierung (s. Einführungsvideo).
Ablauf
Hinweis: Diese Einheit kann nur in Verbindung mit Einheit 4 durchgeführt werden.
- Die TN werden in vier Gruppen eingeteilt und jede erhält eine Rolle zugeteilt: Demoveranstalter*innen, Journalist*innen, Demoteilnehmer*innen, stille Beobachter*innen.
Es soll eine Szene aus dem Video der Anti-Corona-Maßnahmen-Demo (s. Einheit 4) nachgespielt werden. Und die ersten drei Gruppen sollen herausfinden, wieso ihre Rolle sich in dieser Situation wie dargestellt verhält (Was treibt sie an? Woher kommt ihre Wut?). Die vierte Gruppe beobachtet das Geschehen, um später auch das Verhalten der TN reflektieren zu können.
- Im Rollenspiel gibt es folgende Möglichkeiten, um es den TN zu erleichtern:
- Die Rollen der Veranstalter*innen und Teilnehmer*innen können bei Bedarf vorgegeben werden. Beispielrollen wären dabei: ein Pfarrer nimmt teil, weil er unter dem Gottesdienstverbot leidet; Jugendliche sind dort, da sie frustriert sind, weil der Jugendclub geschlossen ist; Sozialarbeiter*innen engagieren sich, um Ausnahmeregelungen für ihren Berufsstand zu fordern; eine Lehrerin ist aus Sorge um ihre Schüler*innen vor Ort usw.
- Vor Beginn des Spiels erhalten die Beobachter*innen jeweils vier Funktionskarten (s. Material). Sie lesen diese zunächst durch und besprechen in ihrer Gruppe kurz, ob alle Informationen verständlich sind. Die Karten thematisieren vier zentrale Funktionen, die der Glaube an Verschwörungserzählungen erfüllen kann: den Umgang mit Kontrollverlust, die Selbstaufwertungs- und Entlastungsfunktion, die Identitäts- und Sinnstiftung sowie die Legitimitätsfunktion.
Nach dem Spiel verteilen die Beobachter*innen ihre Funktionskarten an die, für sie, passenden Rollen. Alle Funktionskarten werden dann vorgelesen und es wird im Gespräch überlegt, zu wem die Funktionen passen und warum.
- Abschließend wird im Plenum reflektiert. Dabei können folgende Fragen die Diskussion lenken: Wie haben die TN die Erfahrung in ihren Rollen wahrgenommen? Gab es Gefühle des Unbehagens, diese Rollen zu spielen? Welche Vorteile ziehen die Veranstalter*innen aus ihrem Engagement? Welchen Nutzen bringt der Glaube an Verschwörungen mit sich? Welche Bedürfnisse werden durch diesen Glauben erfüllt?
- In Ergänzung zum „Verschwörungscocktail“ wird an die TN das AB „Warum schmeckt Verschwörung“ (s. Material) ausgeteilt, für alle visualisiert und im Plenum ausgefüllt. Zum Ausfüllen der Frage wird die Frage diskutiert, was es Menschen bringt, wenn sie an Verschwörungen glauben.
Methode
– Rollenspiel
– Plenumsgespräch