Modul 2 – Einheit 7
Der Anruf von Judas
Hintergrundwissen für Anwender*innen:
Mit der Figur des Judas, die im Mittelpunkt des nächsten Moduls steht, kann die christliche Signatur besonders anschaulich vermittelt werden. Alle antisemitischen Motive, die in diesem Modul sichtbar werden – wie Verrat, Geld und Verschwörung – versammeln sich in der Figur Judas. Diese Einheit beschäftigt sich mit einem sogenannten Meme, das im Jahr 2021 während der Pandemie auf Twitter gefunden wurde. Es zeigt, wie Judas auch in säkularen, in diesem Fall rechtsextremen Kontexten, als negatives Symbol und als Figur des Judentums rezipiert wird. Dies dient als Beispiel für die christliche Signatur des Antisemitismus.
Diese vorletzte Einheit des Moduls soll den Übergang zum nächsten Modul darstellen, indem sie einen ersten Zusammenhang zwischen den bisher aus säkularen Beispielen erarbeiteten antisemitischen Motiven und der christlichen Prägung des Antisemitismus herstellt.
Interpretationshinweise zum Meme:
Ein Meme ist ein digitales Medienformat und ein kulturelles Phänomen, das meist aus Bild und Text (oder auch als Video) besteht und humorvoll sowie häufig ironisch einen Inhalt vermittelt. Durch die Neukombination von Text und Bild entsteht eine anschlussfähige Bedeutung. Ein gängiger Stil besteht darin, Szenen oder Figuren aus bekannten Filmen mit einem eigenen Text zu versehen oder, wie in diesem Fall, alte historische Bilder zu bearbeiten und neue Elemente hinzuzufügen.
Das betreffende Meme zeigt im Hintergrund eine Abendmahlszene mit Jesus und seinen Jüngern (Leonardo da Vinci, Das Abendmahl). Auf das Bild sind zwei Figuren eingefügt, die eine Uniform tragen und an die Polizei oder das Ordnungsamt erinnern. Das Gesicht eines der Männer ist zu sehen, wobei die Nase so bearbeitet ist, dass sie wie eine „große, lange“ Nase aussieht, was als antisemitisches Bild interpretiert werden kann, jedoch nur eine mögliche Deutung darstellt. Der Text enthält weitere Hinweise: „RBF Reichs-Befreiungs-Front“, vermutlich ein rechtsextremer Account aus dem Verschwörungskontext, und „Kilez More“, ein verschwörungsideologischer österreichischer Rapper. Unter dem Bild steht: „Wir haben einen Anruf von Hr. Judas erhalten“, wobei „Hr. Judas“ rot unterstrichen ist.
Dieses Meme wurde 2021 auf Twitter gesehen. Zu dieser Zeit gab es Corona-Schutzmaßnahmen, die die Zusammenkunft mehrerer Personen oder Gruppen untersagten. Das Bild und die Bildunterschrift sollen vermitteln, dass „Judas“ bei der Polizei oder beim Ordnungsamt angerufen hat, um die Gruppe, in diesem Fall Jesus und die Jünger, zu verraten. Obwohl das Bild nicht aus einem christlichen Kontext stammt und der Begriff des Verrats nicht genannt wird, hat der Name Judas eine spezifische Rezeption und wird allgemein mit „Verrat“ assoziiert.
Hier wird die christliche Signatur des Motivs „Verrat“ und die Verbindung zur Figur Judas deutlich. Diese Verbindung muss an dieser Stelle noch nicht ausführlich behandelt werden; sie stellt den Übergang zum nächsten Modul dar.
Ziel
Ziel dieser Einheit ist es, dass die TN den antisemitischen Gehalt erkennen, der durch die implizite Vermittlung der Judasfigur und des Verratsmotivs zum Ausdruck kommt. Sie werden zudem in der Lage sein, die christliche Signatur im Antisemitismus zu identifizieren und deren Auswirkungen auf gesellschaftliche Wahrnehmungen zu verstehen. Darüber hinaus lernen die TN Judas als zentrale Figur und Negativstereotyp im Antisemitismus kennen, um die Rolle dieser Figur in antisemitischen Narrativen kritisch zu reflektieren.
Ablauf
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- Die TN werden aufgefordert, in Stillarbeit ohne große Bedenkzeit, erste Assoziationen zu „Judas“ aufzumalen oder aufzuschreiben. Anschließend können einzelne TN ihre Zeichnungen teilen.
- Die TN werden in Kleingruppen eingeteilt (ca. vier Personen) und ihnen wird das Meme (s. Material) ausgeteilt. Wichtig ist hierbei den Kontext der Entstehung und Verbreitung des Memes zu kommunizieren (Das Meme wurde 2021 über Twitter verbreitet.)
Arbeitsaufträge:
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- Schaut euch das Bild genau an und beschreibt, was ihr darauf seht.
- Diskutiert in kleinen Gruppen, welche Botschaft mit diesem Meme vermittelt werden soll. Was wird durch die Kombination aus Bild und Text kommuniziert?
- Analysiert, warum in diesem Meme auf Judas verwiesen wird. Welche Rolle spielt er in der dargestellten Situation, und welche Bedeutung hat dieser Verweis?
- Überlegt, welches Bild von Judas in diesem Meme vermittelt wird. Welche Eigenschaften oder Assoziationen werden durch die Darstellung und den Text hervorgerufen?
- Identifiziert Elemente des Memes, die euch unklar sind. Was versteht ihr nicht, und welche Fragen bleiben offen? Diskutiert diese Unklarheiten in der Gruppe.
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- Anschließend diskutieren die Gruppen ihre Ergebnisse im Plenum. Wenn die vorherige Einheit durchgeführt wurde, können außerdem folgende Fragen eingebracht werden: Welche Ähnlichkeiten gibt es zu Verschwörungserzählungen? Habt ihr Ideen, warum Judas ein negatives Bild vermitteln soll?
- Als Reaktion können die TN anschließend mit mobilen Endgeräten selbst ein Meme erstellen, welches als Gegenpol gelten kann. Dazu hilft unser Meme-Generator.
Über die Memes kann in der Gruppe ausgetauscht, diskutiert und abgespeichert werden.
Methode
– Skizzen anfertigen
– Bildbetrachtung/-beschreibung
– Gruppenarbeit
– Plenumsdiskussion
– Meme-Erstellung