Damit Gott sehe, dass wir Christen sind

Über die Geburt des Antisemitismus aus dem Geist des Christentums

Berlin, Germany

2000

Ursprünglich veröffentlicht auf JCRelations.net, Online-Journal des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ), http://www.jcrelations.net/ber_die_Geburt_des_Antisemitismus_
aus_dem_Geist_des_Christentums.2280.0.html?&L=2

Antisemitismus

Publiziert: 2000

Eine Polemik

Nachfolgender Aufsatz zeichnet – stellenweise bewußt überspitzt – die Geschichte des kirchlichen und theologischen Antijudaismus und Antisemitismus nach. Mir geht es dabei nicht darum, das Bild von der Geschichte des Judentums als einer „Opfergeschichte“ neu zu beleben, sondern in kritischer Absicht das Bild von der Geschichte des Christentums als einer „Tätergeschichte“ zu thematisieren. Dieser Ansatz mag provozieren – und das will er auch. Aus diesem Grund kann der Beitrag – vor allem in seiner ersten Hälfte – durchaus als eine „Polemik“ bezeichnet werden.

Versucht man nach nun fast zweitausendjähriger Geschichte der Begegnung zwischen Juden und Christen Bilanz zu ziehen, fällt diese Bilanz in erschütterndem Maße zuungunsten der Christen und des Christentums aus. In der Geschichte der Menschheit ist uns kein annähernd vergleichbarer, zweiter Fall bekannt, in dem das Aufeinandertreffen zweier Religionen über einen kontinuierlich so langen Zeitraum auf so erschreckend mörderische Weise vonstattenging, wie dies im Fall von Christen und Juden geschah.

Mit dem Entstehen der ersten Christengemeinden beginnend setzte ein Prozess christlicherseits ein, der auf allen nur denkbaren Ebenen Juden und Judentum diskreditierte, diskriminierte, befeindete und bekämpfte, verstellte und entwürdigte. Theologische erniedrigt, sozial ausgegrenzt, rechtlich den Rechtlosen gleichgestellt, war Juden fortan ein Schicksal zugedacht, daß ihnen zwischen Taufe und Tod eine nur weithin mühseelige und unsichere Existenz beschied. Die Evangelien von Matthäus und Johannes und die Paulusbriefe bildeten die Grundlage für die Ausarbeitung einer Theologie durch die Kirchenväter, die in ihrer antijüdischen Denkweise und Wortwahl nicht selten sich kaum noch unterschied von den antisemitischen Hetztiraden des NS-Propagandaorgans ‚Der Stürmer‘. Mit der Hochzeit von Macht und Kirche, der Durchsetzung des Christentums als Staatsreligion durch Konstantin im 4. Jhd., folgte der Theorie die Praxis. Unzählige Juden und Judentum diskriminierende Konzilsbeschlüsse konnten nun mit Hilfe und im Schutz der weltlichen Mächte in die Praxis umgesetzt werden. In Abermillionen von Predigten und Bibelauslegungen wurde das christliche Gift der Judenfeindschaft in die Herzen der Gläubigen eingeimpft und bildete die Grundlage für unzählige Pogrome, für Verfolgung und Vertreibung der Juden, ja schließlich für Mord und Totschlag an ihnen. Begegnung zwischen Christen und Juden wurde zweitausend Jahre lang für die Juden zu allermeist zu einer ‚Zergegnung‘, einer Begegnung mit für Juden zumeist tödlichem Ausgang.

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