Von der Wurzel getragen

Antisemitismus

Es ist eine der Errungenschaften des jüdisch-christlichen Dialogs, auf die jüdischen Wurzeln des Christentums hinzuweisen. Dennoch ist diese metaphorische Sprache problematisch, solange das „Judentum“ bildlich zum Untergrund und zeitlich zur Vergangenheit des Christentums gemacht wird. Solche Assoziationen werden ungewollt in Stammbaum-Abbildungen in Religionsschulbüchern geweckt.

Dagegen soll das paulinische Gleichnis vom edlen Ölbaum aus dem Römerbrief gelesen werden, das selbst jahrhundertelang genutzt wurde, um die christliche Enterbungslehre zu rechtfertigen: „Sie sind herausgebrochen worden, damit ich eingepfropft werde“ (Röm 11,19) wurde lange als Verwerfung und Bestrafung Israels verstanden.

Die Kulturtechnik des Pfropfens funktioniert allerdings anders: Ein Pfropfen ist kein Parasit und keine Transplantation, die den alten Baum feindlich übernimmt. Im Gegenteil, das Pfropfen ist eine Kulturtechnik der „xenovegetativen Vermehrung“, mit der die (genetische) Integrität und Unterschiedlichkeit zweier Pflanzen gesichert werden soll. Das heißt, wir brauchen neue Baumbilder, mit der unterschiedlichen Traditionslinien als etwas Positives und Gottgewolltes abgebildet werden. Wir schlagen Bilder vor, mit denen sich das, was in der Forschung als „Trennung der Wege“ oder als  „Wege, die sich nie trennten“ kontrovers diskutiert wird, anschaulich im Unterricht vermitteln lässt.

Veröffentlichung in Beitrag in BlickPunkt.e Nr. 6/Dez 2023

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