Kinderbibeln im Licht des jüdisch-christlichen Dialogs

Kriterien und Anregungen

Antisemitismus

Publiziert: 2022

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Christinnen und Christen ihr Verhältnis zum Judentum neu durchdacht. Dabei sind traditionelle theologische Positionen in die Kritik geraten, weil sie das Judentum abwerten und das Christentum seiner jüdischen Wurzeln berauben. So wurde z. B. erkannt, dass die Vorstellung, mit Christus hätten sich die Verheißungen an Israel erfüllt und das Christentum hätte das Judentum als Bundespartner Gottes abgelöst, antijüdisch und nicht biblisch ist. In Theologie und Kirche suchen wir das Gespräch mit dem lebendigen Judentum und neue Verhältnisbestimmungen zwischen Christentum und Judentum. Daraus erwachsen zugleich neue Einsichten zu historischen Fragen. Wir erkennen etwa die Nähe Jesu zu großen Teilen der pharisäischen Bewegung im Judentum des ersten Jahrhunderts. Aus dieser Nähe haben sich innerjüdische Auseinandersetzungen ergeben, die in den Evangelien erzählt werden. Sie als Abgrenzung Jesu vom Judentum zu verstehen, entspricht nicht der Intention der Evangelien.
Der Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, die theologischen Erkenntnisse, die aus dem jüdisch-christlichen Dialog der letzten Jahrzehnte erwachsen sind, in verschiedene Lebens- und Praxisfelder hineinzutragen. Dazu gehören auch Kinder- und Jugendbibeln. Wie kaum andere Werke religiöser Kinderliteratur prägen Kinderbibeln die Bilder von Gott und den Menschen, von Christus und Kirche, von Christentum und Judentum früh und intensiv. Immer wieder erscheinen Handreichungen, die eine Hilfestellung zur Orientierung in Bezug auf die Qualität von Kinderbibeln anbieten. Dabei sind Qualitätskriterien, die sich aus dem jüdisch-christlichen Gespräch ergeben, allermeist nur am Rande berücksichtigt.
Dem Gesprächskreis „Juden und Christen“ ist es ein Anliegen, diesen Aspekt differenziert und praxisorientiert zu entfalten und in die Diskussion einzubringen. Leitend sind dabei zwei grundlegende Perspektiven: die Darstellung des Judentums zur Zeit Jesu (inklusive Jesu und der Jesusbewegung) und das Verhältnis von Altem und Neuem Testament. Diese beiden Perspektiven werden in unterschiedlichen Untersuchungsfeldern relevant und führen zu den folgenden Fragen. Sie sollen dazu anregen, Kinderbibeln unter der Perspektive des jüdisch-christlichen Gesprächs sensibel und kritisch zu prüfen.

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