Kompetenz(en) der Einheit:
1. Die SuS können verschiedene literarische, biblische und politische Perspektiven auf das Thema Fremde beschreiben. Sie können wissenschaftliche Begriffe wie Rassismus, Diversität und Integration anwenden auf die gesellschaftliche Realität und ihre eigene Biografie.
2. Die SuS können Erscheinungsformen von Rassismus analysieren und eigene Sichtweisen begründet darstellen. Sie können herausarbeiten, inwieweit Diversität Probleme und Chancen beinhaltet.
3. Die SuS können sich mithilfe verschiedener Impulse mit ihren Voreinstellungen auseinandersetzen, sie differenzieren und systematisieren anhand traditioneller und aktueller Texte/Medien die Begriffe Heimat und Fremde als Vehikel von Identitätskonstruktionen (kognitiv). Sie gewinnen durch den Transfer zu ihren eigenen
(biografischen) Erfahrungen durch die Kommunikation und Konfrontation in der Lerngruppe an Interkulturalitätskompetenz.
Bemerkungen zur Kompetenzentwicklung der Stunde:
Inhaltlich steht die Tradition der Heiligen drei Könige im Mittelpunkt und die Frage, ob die damit verbundene Tradition des black-facing als rassistisch zu bewerten ist. Anhand dieses Themas erfahren die SuS von historischen und gegenwärtigen Konstruktionen von Fremdheit durch Hautfarbe und kulturellen Stigmatisierungen. Angestrebt ist, dass die SuS anhand der Tradition des Festes der Heiligen Drei Könige den
gesellschaftlich diskutierten Rassismusgehalt des Brauches des sog. ‚Blackfacing‘ erörtern können. Sie sollen in der Lage sein, mit Hilfe von Zeitungsartikeln zum Thema zur Frage der Konstruktion von Fremdheit durch Hautfarbe und damit einhergehenden Stigmatisierungen reflektiert Stellung zu beziehen. Textkompetenz, Argumentations- und Medienkompetenz werden so gefördert. Die SuS sollen im Anschluss in Form einer Hausaufgabe in einem Leser*innen-Brief Handlungsoptionen entwerfen und ihre eigene Position begründet darstellen. Die produktive Textkompetenz wird gefördert. Außerdem ist die religiöse Deutungskompetenz im Blick, da die SuS die kulturelle Tradierung eines biblischen Textes beschreiben. Sie lernen, sich anhand der
Sternsinger-Tradition zu Handlungsvollzügen der Kirche begründet zu verhalten.
Ablauf der Stunde
Zu Beginn fasse ich die bisher erarbeiteten Kerninhalte zusammen, da ich nicht davon ausgehe, dass sie ihnen noch aktiv präsent sein werden. Zur gemeinsamen Wiederholung wäre alternativ ein längeres Unterrichtsgespräch möglich, was aber wesentlich zeitintensiver wäre und somit den Fokus der Stunde verschieben würde. Die bereits eingeführte Tradition der Heiligen Drei Könige greife ich anschließend auf, indem ich ein Bild 1) mit drei Kindern während einer Sternsinger-Aktion zeige. Der Fokus liegt hier nicht auf der Bildbeschreibung, sondern es geht um eine Lernstandsermittlung mit Bezug auf die Sternsinger-Tradition. Aufgrund des von mir wahrgenommenen Traditionsbruchs gehe ich davon aus, dass nur wenigen die Tradition überhaupt bekannt ist. Allerdings gehe ich mit Blick auf die christliche Sozialisation einiger SuS davon aus,
dass Kernaspekte zusammengetragen werden können. Diese werden ggf. von mir ergänzt bzw. bei Nichtkenntnis durch einen kurzen Lehrervortrag eingeführt.
Folgend zeige ich ein zweites Bild, auf dem eines der Kinder schwarz geschminkt ist. An den Bildvergleich anschließend führe ich die Diskussion um das sog. ‚Blackfacing‘ ein und frage nach ersten Assoziationen der SuS zu dieser Debatte 2). Die dann folgende Partner*innenarbeit dient der Vertiefung der angeregten Diskussion und der Förderung der Text- und Medienkompetenz. Die ausgewählten Texte sind bewusst von mir gekürzt und dem Niveau des Kurses angepasst. Hierbei wurde auch beachtete, dass nicht alle SuS Muttersprachler_innen sind. Erfahrungsgemäß benötigen die SuS viel Zeit für die Erarbeitung von Inhalten. Da die Diskussion mit der ganzen Gruppe nicht zu kurz kommensoll, habe ich hier bewusst gekürzt. Alternativ hätte sich angeboten,
dem Thema mehr Zeit zu widmen. Dann hätte ich nicht nur mehr Texte bereitgestellt, sondern auch
Argumentationsmuster mit den SuS genauer diskutiert. (C)
Folgende aus den Texten zu erarbeitende Argumente sind zu erwarten, weitere können hinzukommen.
Gegen die Darstellung eines schwarzen Königs spricht:
• in Amerika hat black-facing eine diskriminierende Tradition
• Schwarze Menschen können es als verletzend empfinden, wenn weiße Menschen sich ihre Haut schwarz schminken (umgekehrt geht das nicht)
• Machtstrukturen der Gesellschaft werden so reproduziert
• Rolle des schwarzen Königs wird oft als Bestrafung angesehen
• heute lässt sich von der Hautfarbe nicht mehr auf die Heimat schließen
Für die Darstellung eines schwarzen Königs spricht:
• bei den Weisen aus dem Morgenland geht es um einen würdevollen König
• der schwarze König ist ein Symbol dafür, dass alle Menschen, gleich an Würde sind
• der schwarze König steht für eine Wertschätzung des afrikanischen Kulturkreises
• es ist Tradition
1) Die Bilder dieses Arbeitsschrittes sind DinA3-Kopien der Bilder, die sich auf dem Arbeitsblatt mit der Tabelle
befinden.
2) Hier werden Aspekte von Blackfacing in Form einer Definition auf einem weiteren Plakat kurz vorgestellt. Die
Definition findet sich auf dem Arbeitsblatt, entsprechend der Rassismus-Definition, die dem halben Kurs bereits bekannt ist.
Feinplanung
Phase: Einstieg, Zeit: 8.55 Uhr
Schüler-Lehrer-Interaktion (mit Indikatoren):
L. und SuS begrüßen sich. L. ruft entscheidende Aspekte des ersten Blocks der Einheit ins Gedächtnis: vielfältige Konnotationen von Heimat und Fremde, Weihnachtsgeschichte als Fluchtgeschichte, interkulturelle Krippe, Beispiele von Rassismus und Definition („R. liegt dann vor, wenn Menschen anderen Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes bestimmte Charaktermerkmale zusprechen. Oft spielt hierbei Macht eine Rolle“) L. zeigt auf einem Plakat eine Darstellung von drei Sternsinger-Kindern: „Was seht ihr?“
SuS beschreiben das Bild und benennen u.a. folgende Aspekte: Heilige Drei Könige, Sternsinger sammeln Geld, Kinder verkleiden sich, Weihnachtsgeschichte.
Hier wird bei wenig Vorwissen von L. ergänzt bzw. ggf. bei Nichtkenntnis der Tradition diese kurz eingeführt: „Die Heiligen Drei Könige kennen wir aus der Bibel (Verweis auf vergangene Stunde) Dort werden sie als Sterndeuter im Zusammenhang mit der Geburt Jesu vorgestellt (Mt 2,1-12). Somit spielen sie innerhalb der
Weihnachtsgeschichte eine wichtige Rolle. Erst seit dem 9. Jahrhundert werden die drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar genannt. In der Zeit zwischen Weihnachten und dem 6. Januar sind in Deutschland
viele Kinder unterwegs, die als drei Könige verkleidet an die Haustüren klopfen und Geld für die Hilfsaktion zugunsten notleidender Kinder in aller Welt erbitten. Sie sagen an den Haustüren kurze Gedichte auf und
singen Lieder. Sie bringen einen Segen über das Haus, indem sie mit Kreide das Jahr und die Initialen CMB anbringen, die für den Segen Christus mensionem benedicat (Gott schütze dieses Haus) stehen.“
L. zeigt ein zweites Bild. Auf dem Bild ist einer der Könige schwarz geschminkt. „Was ist der Unterschied zwischen den zwei Bildern?“
SuS nennen u.a. das schwarz angemalte Gesicht des einen Kindes.
L.: „Erst seit dem 9. Jahrhundert wird Caspar als Farbiger dargestellt. In dieser Zeit glaubte man, dass es lediglich drei Kontinente gebe, nämlich Europa, Asien und Afrika. Auf diesen drei Kontinenten soll jeweils einer der drei Weisen König gewesen sein. Bei den Sternsingern wird heute oft eines der Kinder schwarz geschminkt. Unsere Frage heute ist, ob das ein Beispiel für Weltoffenheit und Toleranz oder das Gegenteil davon, nämlich Rassismus und Diskriminierung schwarzer Menschen. Mit dieser Frage in Verbindung steht der Begriff des
„blackfacing“.“
Arbeits- und Sozialform: Stühle und Bänke in U-Form angeordnet Bildbetrachtung, gelenktes UnterrichtsgesprächG (gUG), Lehrervortrag
Medien: Je ein DinA3-Druck mit Bildern von Sternsingern, Tesakrepp zum Anheften
Phase: Erarbeitung, Zeit: 9.05 Uhr
Schüler-Lehrer-Interaktion (mit Indikatoren):
L: „Eine Definition des Blackfacing habe ich euch mitgebracht. Wer liest sie vor?“ Eine/r der SuS liest die Definition vor. Evtl. Verständnisfragen werden geklärt. Ein Arbeitsblatt mit zwei verschiedenen Artikeln zum Thema wird ausgeteilt. L. führt Hintergrund der Artikel ein und Aufgabe für die Erarbeitung: „Ihr arbeitet nun jeweils paarweise an einem der Texte. A-und B-Gruppen werden sich jeweils mit verschiedenen Texten beschäftigen. Sucht aus den Texten jeweils Argumente heraus, die
dafür- bzw. dagegensprechen, eines der Kinder beim Sternsingen schwarz zu schminken. Bitte notiert diese Argumente jeweils (in kurzen Stichpunkten!) auf den roten und grünen Karten, die ich austeile. Grün
steht für das Schminken, rot dagegen.“
Die SuS erarbeiten paarweise die Argumente aus den Texten.
L. steht für Rückfragen unterstützend zur Verfügung, hält sich aber ansonsten aus dem Arbeitsprozess heraus. Wenn die SuS zu viel Zeit für die Erarbeitung benötigen, wird dieser Arbeitsschritt abgebrochen und gemeinsam im Unterrichtsgespräch beendet.
Arbeits- und Sozialform: Partnerarbeit, gUG
Medien: Arbeitsblatt mit Zeitungsartikeln (A- und B-Texte auf Vorder- und Rückseite), DinA3-Druck mit Blackfacing- Definition, rote und grüne Kärtchen, Eddings
Phase: Vertiefung, Zeit: 9.20 Uhr
Schüler-Lehrer-Interaktion (mit Indikatoren):
L. dankt für die erste Arbeitseinheit und führt den zweiten Schritt der Stunde ein: ‚Wir tragen nun die auf den Karten notierten Argumente zusammen. Was habt ihr herausgefunden, was spricht laut den Verfasser*innen für das Schminken?“
Die SuS nennen die erarbeiteten Argumente.
L. hängt Karten für alle sichtbar im Raum auf, bzw. bittet die SuS alternativ, es selber zu tun.
L.: „Wir haben nun einige wichtige Argumente gefunden, was aber spricht gegen das Schminken?“
Die SuS nennen die erarbeiteten Argumente und die Karten werden aufgehängt.
L: Nun haben die Verfasser*innen der Artikel ja einige Argumente aufgeführt. Fallen euch selber noch weitere ein, die dafür oder dagegen sprechen? (alternativ kann sich hier eine Vertiefung der Argumente der Verfasser*innen der Artikel anschließen) SuS nennen ihre eigenen Gedanken, etwa dass schwarze Menschen sich auch durch einen schwarzen König im Christentum auf eine gute Weise repräsentiert führen können. Wenn die SuS sich nicht melden, kann dieser Impuls von L. gegeben werden. Ggf. können in diesem Schritt eigene Erfahrungen und Gefühle eine Rolle spielen. Wenn noch Zeit ist, kann folgender Impuls sich anschließen: „Bei dieser Debatte geht es nicht allein um Diskriminierung von schwarzen Menschen, sondern auch um die Frage der Sensibilität in einer einer pluralen Gesellschaft. 2014 wurde „blackfacing“ zum Anglizismus des Jahres gewählt und die Jury sagte, dass mit dem Wort „blackfacing“ ein Konflikt reflektiert werde, „zwischen einer Mehrheit, die für sich eine uneingeschränkte kulturelle Deutungshoheit in Anspruch nimmt und einer wachsenden Minderheit, die das nicht mehr stillschweigend hinnimmt.“ Was bedeutet eurer Ansicht nach diese Aussage mit Blick auf die deutsche Gesellschaft?“
SuS klären durch L. unterstützt den Begriff der Deutungshoheit. Sie erläutern die aktuelle Veränderung der Gesellschaft in Deutschland (Diversität, Pluralität). Bereits erarbeitete kritische Perspektiven auf das was „deutsch“ ist, können eingebracht werden. Auch eigene Rassismuserfahrungen können benannt werden.
Arbeits- und Sozialform: gUG
Medien: Kreppband zum Anheften der Kärtchen
Phase: Ergebnissicherung, Zeit: 9.25 Uhr
Schüler-Lehrer-Interaktion (mit Indikatoren):
L: „Nun bekommt ihr von mir noch ein Arbeitsblatt. Bitte haltet in der dafür vorbereiteten Tabelle kurz die Argumente fest, die wir heute zusammen erarbeitet haben. Zudem findet ihr auf der Rückseite die Hausaufgabe für die kommende Woche. Ich habe euch euch auch noch einmal die Definition von Rassismus und Blackfacing abgedruckt.“
Arbeits- und Sozialform: Einzelarbeit
Medien: Arbeitsblatt mit Tabelle und Bildern, auf der Rückseite Hausaufgabe und behandelte Definitionen
Phase: Abschluss, Zeit: 9.35-9.40 Uhr
Schüler-Lehrer-Interaktion (mit Indikatoren):
L. dankt für die Erarbeitung und gibt einen Ausblick auf den weiteren Verlauf: „In der kommenden Stunde werden wir uns weiter damit beschäftigen, welche Erfahrungen Migrant*innen in Deutschland machen. Wir wollen dabei die Frage von Wegen der Integration vertiefen, die uns ja nun schon fast ein halbes Jahr immer wieder beschäftigt.“
Arbeits- und Sozialform: gUG